Geburtsberichte – Teil 2

Zeigefinger von Mama drücken gegen Babyfüße

Es ist an der Zeit. Dass wir über meine zweite Geburt sprechen. Ein extremes Gegenteil zu meiner ersten Geburt (die du hier gerne nachlesen kannst). Außerdem schreibe ich im nächsten Teil über die ersten Monate mit Baby und Kleinkind. Dabei werde ich nun all die dunklen Seiten meiner eigenen Wochenbettdepression aufarbeiten.

Doch heute fange ich mal ganz vorne an. Meine zwei Geburten könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Ablauf, die Dauer und mein Gefühl über mich selbst. Aber es taucht auch ein bekanntes Gesicht wieder auf.

die zweite Geburt

Wir reisen zurück in den vergangenen Sommer (2023). Tagelang habe ich (wieder mal) gefiebert, ob ich diesmal vom Überschreiten des ETs (errechneten Geburtstermin) verschont bleibe. Ich warte hoffnungsvoll nur noch auf Tag X.

Doch die Tagen und Wochen vergehen und ich erreiche meinen ET. Für eine Kontrolluntersuchung hat mich das Krankenhaus an diesem Tag einbestellt. Ich werde also an diesem Morgen von meinem Sohn (BB) geweckt und wir stehen gemeinsam auf.
Mein Mann hat HomeOffice geplant, um ihn zu betreuen, während ich zur Kontrolle fahre. Wir frühstücken, zeichnen und beginnen unseren Tag. Da merke ich schon erste Kontraktionen. Immer wieder spüre ich die Wellen, doch die Abstände sind noch großzügig.

Kontrolltermin im Krankenhaus

Ein Überfüllter Wartebereich erwartet mich um 9 Uhr zu meinem Kontrolltermin. Voll mit erstgebärenden Frauen, die ich daran erkenne, dass sie alle in aufgeregter Begleitung ihrer Partner sind.
Ihnen steht sichtlich der Schweiß auf der Stirn, als sie bemerken, dass ich bereits Wehen habe. Unangenehm sind die Blicke ja schon etwas, während ich so leise wie möglich versuche, die intensiven Wellen weg zu atmen.

Schon bei der ersten Geburt waren die Wellen schnell schmerzhaft. Dennoch bleib ich hoffnungsvoll, dass die Intensität der Wellen darauf zurückzuführen ist, dass sich viel tut.
Bei den Hebammen dann jedoch das ernüchternde Urteil: Es tut sich noch gar nichts, das könnte noch bis in die Nacht dauern.

Also fahre ich nach Hause.

Zuhause

Zuhause begrüßt mich strahlend mein kleiner Sohn und bei meinem Mann bricht zum 2. Mal leichte Panik aus. Die Arbeit schnell fertig erledigen, selbst bereit machen, Tasche packen, Babysitter holen – seine ToDo Liste war sehr lang.

Für BB ist jedoch erstmal Mittagsschlaf angesagt. Um 11 Uhr lege ich ihn zum Schlafen hin. Nach dem Einschlafstillen geht es plötzlich so richtig los. Die Wellen sind intensiver, die Abstände immer kürzer und der Pfropf geht ab. Die Abstände landen schnell unter 2 Minuten und ich kniee vor dem Sofa und atme. Ich atme, atme und atme.

Es dauert nicht lange dann wird BB wieder wach, die Oma kommt um sich um ihn zu kümmern und ich verziehe mich ins Schlafzimmer. Zum Atmen. Atmen & Atmen.

Gegen halb 1 zu Mittag spiele ich bereits mit dem Gedanken ins Krankenhaus zu fahren, weil es immer intensiver wird. Doch nach dem Trauma bei der ersten Geburt, will ich unbedingt, so lange wie nur irgendwie möglich zuhause bleiben.
Ich nutze zwar die erlernten Atemtechniken aus meiner mentalen Geburtsvorbereitung, doch wie schon bei der ersten Geburt, bin ich für die Hypnosen nicht wirklich empfänglich. Ich brauche etwas zu tun – also atme ich und zähle, atme und zähle.

Ins Krankenhaus

Nochmal 1,5 Stunden später – gegen halb 3 am Nachmittag kann ich meine Schreie kaum mehr zurück halten. Der letzte schöne Moment mit meinem Sohn entsteht – er hört meine Schreie und eilt zu mir. Er kuschelt sich an mich ran, streichelt mich und tröstet mich. Pötzlich gönnt mir die Natur eine 5 minütige Wehenpause. Es ist dieser Moment, in dem ich entscheide, dass für ihn hier Schluss ist. Für ihn soll es ein wunderschönes Erlebenis bleiben. Ich möchte ihn nicht verunsichern oder gar Angst machen. Doch ich kann mich auch nicht verkrampfen. Ich bin nunmal eine schreiende Gebärende…

Schweren Herzens bitte ich daher meinen Mann den Transport ins Krankenhaus zu organisieren. Mit den furchtbaren Gedanken versagt zu haben, da ich es nicht einmal 4 Stunden zuhause ausgehalten habe und der Angst, was das im Krankenhaus für Folgen haben kann – starten wir wenig später mit dem Krankentransport ins Krankenhaus.

Diese Fahrt ist für mich wieder einmal unangenehm, trotzdem jedoch die beste Option. Ein Taxi hätte uns nicht mitgenommen, ein Auto haben wir keines und so geht es zumindest schnell. Dennoch ist für mich dieses „Kranke Patientin“ Gefühl nichts für mich. Ich darf nicht selber gehen, sondern muss in einem Stuhl getragen werden. Im Fahrzeug muss ich liegen, werde auf einer Krankentrage herumgeschoben und auch für BB war der Abschied dann eher irritierend…

Kurz vor 3 komme ich im Kreissaal an.

im Kreissaal

Dort angekommen blicke ich doch tatsächlich in die Augen meiner letzten Hebamme aus der 1. Geburt. Die Frau, von der ich eigentlich ausgegangen bin, dass das Schicksal es nicht so mit mir meinen kann, dass ich ihr nochmal begegne. Zum Glück ist sie bei meiner Geburt nur die Lehrerin und ihre Schülerin meine Hauptbetreuungsperson – die wohl emphatischste Frau aller Zeiten – aber zu ihr gleich mehr.

Während mein Mann sich noch dafür einsetzt, dass ich nicht nochmal in den selben Saal aus der 1. Geburt komme, stürze ich in den Kreissaal, aufrecht und vornüber gebeugt – das ist wie immer die einzige erträgliche Position. Ich krabble also auf allen Vieren in das Bett und die Hebamme macht etwas, wofür ich noch heute Luftsprünge machen könnte:

In diesem Moment beginnt sich die Rückenseite des Bettes nach oben zu fahren, bis das Kopfende des Bettes im 90° Winkel nach oben steht. Am Kopfende, welches sich nun zwischen mir und der Decke befindet, gibt es eine Art Klimmzugstange, an der ich mich festklammere als hinge mein Leben daran.

Wie in Krankenhäusern üblich – Widerworte sind hier leider zwecklos – beginnt das übliche Prozedere. Zugang legen, CTG schreiben, untersuchen. Dann die freudige Nachricht – 8 cm schon geschafft.
In diesem Moment empfinde ich diese Nachricht jedoch als gar nicht toll – noch immer 2 cm zu schaffen. „Das geht hier noch Stunden“, sind meine Gedanken. Oh weh, werde ich mich mit dieser Vorhersage irren.

Er kommt

Es ist für die Hebammen immer schwieriger die Untersuchungen durchzuführen, weil die Wellen nun Schlag auf Schlag folgen. Gewünscht hätte ich mir, dass man mich nun einfach machen lässt, dass man mir und meinem Körper vertraut. Stattdessen soll ich mich umdrehen, auf den Rücken legen, damit ich ordentlich untersucht werden kann. Aus dieser Position komme ich auch nicht mehr heraus. Mein Körper gibt mir die Signale zum Pressen und dies kann ich schwer unterdrücken. Auch wenn die leitende Hebamme mich noch darauf aufmerksam macht, dass wir noch nicht bei 10 cm sind und ich es unterdrücken soll.

In diesem Moment – ich halte die Hand meines Mannes in einer und die der freundlichsten Hebammen-Schülerin in der anderen Hand – flüstere ich ihr zu: Atmen. Hilf mir zu atmen.
Unsere Blicke lösen sich die ganze Zeit nicht mehr von einander, während sie durchgehend meine Atmung anleitet und mich begleitet. Plötzlich ist er da: der Kopf. UND STOP.

Die Welle reicht nicht aus um das ganze Kind zu gebären – da stecken wir also – mein Sohn im wahrsten Sinne des Wortes – einfach fest. Warten und warten auf die nächste Welle, die sich unglaublich viel Zeit lässt.
Doch als sie dann kommt, ist es auch schon geschafft und ich halte meinen ziemlich zerknautschten 2. Sohn in meinen Armen.

Geschafft

Unglaublich. Vor gerade einmal 6 Stunden wurde ich noch nach Hause geschickt, weil sich noch nichts tut. Da halte ich freudestrahlend mein zweites Kind in meinen Armen. Der eigentliche Geburtsprozess begann für mich um 11 Uhr – und dauerte damit lediglich 4,5 Stunden. Von denen ich nur 40 Minuten im Kreissaal verbrachte.

Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die unzähligen Versuche einen Zugang zu legen, schlussendlich total unnötig waren…

Daraufhin beginnt das reguläre Programm. Baby untersuchen, mich untersuchen. Familienmoment genießen. Das erste mal auf Toilette gehen. Unseren ersten Sohn anrufen. Solch ein entspanntes Programm – wow, ich bin so glücklich.
Natürlich bin ich etwas müde, doch auch so unendlich glücklich und erleichtert, dass es diesmal so schnell ging. Das Gefühl danach war einfach unglaublich und so ganz anders, als nach der PDA-Geburt.

Auf die Station

Weil die Geburt so schnell ging, bleiben mein Sohn und ich noch eine Nacht im Krankenhaus, damit wir am nächsten Tag nochmal untersucht werden können. Mein Mann bringt uns noch auf unser Zimmer und verabschiedet sich von uns. Er fährt nach Hause und schafft es sogar unseren Sohn pünktlich ins Bett zu bringen. (Das war vor der Geburt nämlich meine größte Sorge – dass wir nicht da sein könnten um ihn zum Mittags- oder Nachtschlaf hinzulegen).

Dort angekommen genieße ich meine Freiheit und meinen Sohn. Ich schlafe die ganze Nacht nicht und quatsche mit meiner Zimmergenossin, deren Baby leider unter die blaue Lampe musste. Dass wir zusammen waren hat uns beiden gut getan.

Am nächsten Tag ist alles wie es sein soll und wir werden entlassen. Mein Mann und mein Sohn kommen uns gemeinsam abholen.

Fazit

Okay, man kann wirklich niemals wissen, wie eine Geburt ablaufen kann. Meine zwei Geburten könnten unterschiedlicher ja kaum sein. Und alles was ich jetzt sage, ist für mich Meckern auf höchstem Niveau.

Dennoch – hätte ich gewusst, dass es nicht so lange dauern wird, alles gut ist und wir eine ganz normale, schnelle Geburt haben werden – ohne Interventionen und Co. Dann wäre ich schon früher ins Krankenhaus gefahren und hätte es mir dort etwas „gut gehen“ lassen. Die gewünschte Badewannengeburt war das nämlich schon wieder nicht.
Letzte Anekdote: Dann hätte ich auch den 3 freundlichen Sanitätern die panischen Gesichtern ersparen können, als ich im Krankenwagen unter heftigsten Wehen nur geschrieen habe: Waaaaah, das Baby kommt jetzt. …. Nein, nein. Ist doch alles gut.

Außerdem würde ich mich wohl nicht mehr darauf verlassen, dass es im selben Krankenhaus genug Personal gibt, so dass ich nicht zweimal die selbe Hebamme bekomme. Ich bin nur unendlich dankbar, dass ich diese symphatische Schülerin an meiner Seite hatte. Doch, sollte es noch ein 3. geben würde ich nun wirklich stark über einen Wechsel ins Geburtshaus nachdenken.

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