Gedanken einer Mutter

Buch mit Gedanken

An meine Leser

Mein 2. Wochenbett ist nächste Woche vorbei und damit geht ein weiteres Kapitel für mich zuende. Es war eine unglaublich schwere Zeit, doch so langsam kehrt in unserer Familie Ruhe ein. Wir 4 haben uns kennengelernt und jeder findet seine neue Rolle.
Immer wieder hatte ich jedoch das Gefühl, dass mir viel auf dem Herzen liegt. Viel Unausgesprochenes, viele Gedanken. Ich habe diesen Blog eröffnet um nicht nur Tipps zu teilen, sondern auch diese Herzensangelegenheiten.

Ich teile im Folgenden tiefe Gedanken und Gefühle mit meiner Familie und auch mit dir. Denn es ist so wichtig darüber zu sprechen wie das Mama-werden sich manchmal anfühlt, welche Gedanken mit der Geburt eines Menschen einhergehen und welche Herausforderungen für uns und unsere Familie auf uns warten.

Bitte behandle diese Gedanken mit Respekt, weil sie einen sehr tiefer Einblick bieten! Sie sollen Raum zum Austausch schaffen, wie es Frauen im Wochenbett gehen kann und von Angriffen verschont bleiben!

An meinen 1. Sohn

Mein wundervoller kleiner BB! Ich kann meine Liebe zu dir nicht in Worte fassen und ich kann mein Glück kaum beschreiben. Die letzten 1,5 Jahre waren einfach die Erfüllung! So viele Erinnerungen erfüllen mein Herz, wenn ich an diese tolle Zeit denke. Diese einzigartigen Mama-Baby Momente – unsere großartigen Ausflüge, die vielen Stunden Bücherlesen und natürlich: ganz vorne mit dabei unsere Wanderungen.

Vorne an meinen Bauch geschnallt haben wir doch tatsächlich eine ganze Stadt umkreist. Wir haben am Wegrand auf Wiesen Essenspausen gemacht – und sind manchmal sogar in U-Bahn Stationen auf dem Boden gesessen – bevor wir gestärkt den Weg weiter bestritten haben. Du hast mir das Geschenk gemacht, mich zur Mama zu machen und ich habe in diesen Jahren so viel über mich selbst gelernt. Wer ich bin, wo ich hinmöchte und was für mich wirklich zählt!

In den letzten Monaten hast du eine so rasante Entwicklung hingelegt, dass ich vergesse wie klein du Anfang des Jahres noch gewesen bist. Doch du hast auch so eine rasante Entwicklung hingelegt, dass ich manchmal vergesse, wie klein du noch immer bist. Bist du doch oft schon wie ein ganz Großer. Deine Aufgeschlossenheit gegenüber anderen und dein unglaubliches Empathie-Empfinden hauen mich andauernd von den Socken.

Ich sag immer zu dir: So ein kleiner Junge, mit schon so großen Gefühlen. Denn diese Zeit gerade ist für dich bestückt damit.

Es gibt aktuell zahlreiche Momente, in denen ich dir viel abverlange. Hattest du doch kürzlich deine Mama noch ganz für dich alleine, lernst du gerade mich zu teilen. Dabei bricht es mir das Herz, in was für Momente wir dann hinein geraten. BV ist nun seit 7 Wochen bei uns und du erlebtest bereits größte Freude, Eifersucht, Frust, Wut, Trauer und Ratlosigkeit – oft sogar von mir verursacht.

Nicht selten war mein Gedanke in den letzten Wochen: „Ich vermisse dich doch genauso!“, denn wir sind zwar im selben Raum, aber trotzdem ist plötzlich diese Distanz zwischen uns und es schmerzt mich genauso.

Es tut mir leid, dass du in so jungen Jahren mit einem Schlag so selbstständig sein musst. Dass Papa dich alleine getröstet hat, als du dir gewünscht hast, dass ich komme. Dass ich auf dem Spielplatz mehr sitze als tobe und dass ich dich so lange nicht mehr getragen habe.
Es tut mir leid, dass du schon wieder warten musst, bis ich Zeit habe, dass du jetzt alleine malen musst und dass ich heute nur noch wenig Geduld in unseren Alltag mitbringe. Ich verspreche dir, dass du deine alte Mama bald wieder hast – sogar noch besser!

Wenn ich dich mit BV sehe, deine Freude und deine unglaubliche Empathie für ihn, dann bin ich davon überzeugt: Du bist als Großenbruder auserkoren!

Der Anfang jetzt ist schwer, doch ich weiß, es lohnt sich! Wir werden eine unglaubliche Familie werden, erfüllt mit Liebe und Lachen! Und wir werden gemeinsam die Welt von den Socken hauen!

In aller größter Liebe, deine Mami

P.S. Ich verspreche dir, dass nächstes Jahr eine noch viel tollere Wanderung auf uns wartet!

An meinen 2. Sohn

Du kamst auf diese Welt in einem rasanten Tempo. Deine Geburt hat mich aus den Socken gehauen, denn nach nur einem kurzen Blinzeln, hielt ich dich schon in meinen Armen.

Und dann warst du da.

Anders als BB kamst du in ein fertiges Heim, eine finale Routine und ein geplantes Leben. Du konntest nichts davon mitgestalten.

Du bist noch so klein, so zart und auch dir verlangt es schon so viel ab, dass du nicht der Einzige bist.
Bei dir bricht es mir besonders das Herz, denn du verstehst doch noch nicht, dass ich direkt nebenan bin und dein Schreien höre. Aber ich kann nicht zu dir kommen, denn BB steht gerade mit einem Malheur unter der Dusche.
Für dich gibt es kaum Spielezeit auf dem Boden, unendlich lange Kuscheleinheiten in meinem Arm oder ewige verliebte Blicke beim Stillen. Stattdessen trage ich dich auf dem Arm überall hin mit (ja sogar aufs Klo), weil ihr noch nicht zu zweit alleine sein könnt. Du landest schnell in der Trage, damit ich die Hände frei habe und wir es hoffentlich heute noch aus dem Haus schaffen. Und beim Stillen muss dir meine Vorlesestimme reichen. Weil da noch jemand anderes ist. Weil jemand vor dir hier war.

Und während wir alle (inklusive dir) versuchen zu begreifen, dass wir 4 sind…ziehen die letzten 7 Wochen an uns vorbei.

Und im nächsten Wimpernschlag bist du plötzlich kein Neugeborenes mehr, sondern schon ein richtiges Baby. Ich war so unglaublich abgelenkt von allem anderen, dass ich vergessen habe innezuhalten, vergessen habe den Moment zu genießen bevor er für immer weg ist.

BB hat mich zur Mama gemacht und mir so unglaublich viel über mich selbst beigebracht und schon jetzt spüre, dass du mir unglaublich viel über das Leben beibringen wirst.
Eine kleine Anekdote: Als ich erfahren habe, dass du ein Junge wirst, war ich ehrlich gesagt erstmal enttäuscht (ich hoffe, das darf man im Internet laut sagen). Hatte ich doch immer diese Vorstellung vom großen Bruder und der kleinen Schwester. Doch es hat nicht lang gedauert, bis ich realisiert habe, dass das gar nicht zu mir passen würde. Ich bin eine Jungsmama und das mit purer Leidenschaft. Meine erste Lektion (du bekommst das, was du brauchst vom Leben) erhielt ich also, da warst du noch in meinem Bauch.
Und kaum bist du auf der Welt hälst du bereits die nächste Lektion für mich bereit: Genießen. Weniger tun, weniger probieren, weniger versuchen hinzubekommen, weniger Perfektion…und stattdessen innehalten und das Leben wahrnehmen!

Auch wenn du mich nicht zu einer Mama gemacht hast, so gibst du mir erst das Gefühl, vollständig zu sein! Dank dir bin ich nun komplett!

In größter Liebe, deine Mama

An meinen Mann

Mein atemberaubender Ehemann! Wow, sieh dir nur mal an, wie die Zeit vergeht. Bald sind es 10 Jahre, als unsere Blicke sich zum ersten Mal trafen und eine lange, holprige Straße weiter, sitzen wir nun hier. Neben unseren großartigen Jungs.

Diese Welt verlangt heutzutage viel ab von jungen Eltern. Sie verlangt viel ab von uns. Von unserer Familie.
Sind die Tage, Wochen und Monate eingerahmt von Abschieden, stundenlangen Trennungen und zu kurzem Wiedersehen. Traurigkeit auf beiden Seiten, mit dem Wissen, dass es nun mal nicht anders geht.

Was bleibt sind flüchtige Momente. Flüchtige Momente, des Papa-Seins. Denn die Jungs sind nun die Priorität!

Diese wenigen Momente, die am Ende des Tages schließlich für uns bleiben sind stets bestückt von Alltagsaufgaben, ernsten Themen, zu lösenden Schwierigkeiten, Terminen und organisatorischen Aufgaben.

Der ganze Stress, den man schließlich den Tag über aufgeladen hat, ja den lassen wir allzuoft am anderen aus. Sind wir doch beide an unserer Belastunggrenze und frustriert, weil wir keine Kapazität mehr haben, den anderen zu unterstützen, wenn er es braucht. Wir bewältigen mehr Aufgaben als für 2 Personen gedacht sind …

… und dann sitzen wir nach diesen langen Tagen nebeneinander und sagen nichts mehr.
Mit der tiefen Hoffnung, dass wir wieder zu einander finden, wenn sie größer sind. Mit dem Wunsch, dass sich dann all die kleinen Traditionen – von den morgendlichen Liebesbotschaften, über die schöne Begrüßung beim Nachhause kommen, bis zu nächtelangen Gesprächen – wieder ihren Weg in unser Leben bahnen.
Wir sitzen da, in der Hoffnung, der andere weiß wie sehr man ihn liebt und wie sehr man ihn zu schätzen weiß, ohne dass man es sagen muss.

Aber BV hat mir beigebracht anzuhalten, innezuhalten und den Moment zu nutzen! Also nutze ich jetzt diesen Moment um nicht nur zu hoffen, dass du es weißt, sondern sicherzugehen, dass du es weißt:

Ich bin stolz. Auf das, was du erreicht hast, auf das, was du erkämpft hast und auf das, wo du unsere Familie hingebracht hast.
Ich bin dankbar. Dankbar, dass du diesen Kampf täglich weiter kämpfst, damit unsere Familie wachsen kann.
Ich entschuldige mich. für all die Momente, in denen ich dir diese Dinge noch schwerer mache. Die Momente in denen ich noch mehr von dir abverlange!
Ich freue mich. Darüber, dass unsere Familie nun komplett ist, wir nur noch stärker werden und ich freue mich auf dieses wundervolle Leben, dass unserer Familie bevorsteht.

Ich liebe dich, Deine Ehefrau

An mich

Dieser Abschnitt ist der schwerste und ich schreibe den ersten Satz nun schon öfter neu… ist es doch schwer seine Gedanken an sich selbst zu ordnen. Aber ich probier es und muss zunächst sagen: Wow, du hast es geschafft! Du hast von dieser Familie dein lebenlang geträumt und da ist sie!

Die letzten Wochen haben dich auf einer ganz neuen Ebene herausgefordert. Körperlich und mental. Und du hast dich da raus geboxt!
Sich von einer Geburt erholen ist hart, sich von einer Geburt zu erholen mit Kleinkind, das ist eine Meisterleistung.
Und es ist okay! Es ist okay, dass dich diese ganzen Gefühle ersteinmal überwältigt haben. Wenn man seine Wünsche erfüllt bekommt, dann bringt das im ersten Moment ein Cocktail von Emotionen mit sich. Allem voran die Angst. Verzeih dir, dass du viele Fehler gemacht hast, dass du nicht die Mama deiner Vorstellung warst und dass so vieles in den Wochen an dir vorbei gerauscht ist.

Du schlägst das nächste Kapitel auf und bist neugierig aber auch zögerlich – denn es hat dir bisher doch so gut gefallen! Du fragst dich, was diese Veränderung für jeden in deiner Familie zu bedeuten hat und fragst dich wie du allen gerecht werden sollst. Allem voran dir selbst, denn du stellst dir selbst so hohe Ansprüche!

„Sei Mama, Hausfrau, Ehefrau, Freundin, Frau und Mensch“ schwirrt dir im Kopf herum – und dann stellt sich die Frage, wie das alles in 24h passen soll? Du stehst morgens vor dem Spiegel und fragst dich, wo diese Person hin ist, die du sonst immer gesehen hast.

Ich liebe das Mama sein, aber manchmal fehl ich mir. Dann versuche ich mich daran zu erinnern, dass ich mich wiederfinden werde. Nein, ich werde eine bessere Version von mir wiederfinden. Das ‚ich‘, dass ich gemeinsam mit meinen Kindern gestalte!

Also sei nachsichtig mit dir, sei verständnissvoll zu dir, halte inne und mach mal Pause.
Das hier ist das Leben und es will gelebt, nicht erledigt werden!

In Liebe, dein 2023 Ich

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