die Großeltern

Es wird Zeit, dass ich dieses goldene Thema mal beleuchte. Das Thema schwirrt mir nun schon eine Weile im Kopf herum. Und allzu oft, kommt mir der Gedanke, wie wir die Differenzen zwischen Eltern und Großeltern überwinden können um einander besser zu verstehen.

Früher vs. heute

Wenn wir über die Großeltern unserer Kinder sprechen wollen, müssen wir zunächst einmal über den Unterschied unserer Generationen sprechen. Häufig sucht man einen Überbegriff für die Generationen und auch wenn ich es nicht so pauschalisieren möchte – spreche ich hier heute wohl von den Millennials vs. Generation X.

Man kann das Thema lang ausschweifen oder auch kurz fassen. Es sind zwei Generationen mit vielen Extremen:
„Leben um zu arbeiten“ vs. „Arbeiten um zu Leben“
Intuition vs. Zerdenken
Karriere vs. Work-Life-Balance
autoritäre vs. bindungsorientierte Erziehung

Und in der Mitte stehen nicht allzu selten unsere Kinder, auf ihren Schultern wird der Machtkampf oft ausgetragen. Ganz nach dem Motto: Es wird sich schon noch zeigen, wessen Erziehungsstrategie erfolgreicher ist/war.

okay, Zurück zur Realität

Schon gut, schon gut. Ja, das habe ich jetzt wirklich sehr überspitzt und dramatisch dargestellt. Sind wir uns doch alle einig, dass wir nur das Beste für uns und unsere Kindern wollen, genauso wie für unsere Eltern.

Fakt ist jedoch: wir sind die Generation, die alles anders machen will. Wir sehen uns als die Generation der „Cycle Breaker“, die eines zum Ziel haben: Die Fehler unserer Eltern nicht zu wiederholen. Dabei machen wir wohl vor kaum einem Thema halt. Hier einige Stichwörter dazu (Achtung Gänsehautalarm bei manchen Großeltern):

Familienbett
Langzeitstillen
Gewaltfreie Kommunikation
Bedürfnis orientiert
gentle parenting
Bindungs orientiert
Zuckerfrei
Selbstbestimmtheit
uvm.

All diese Themen (und sicher noch viele mehr) sorgen für viel Gesprächsstoff am Oster-Frühstückstisch. Enden tun die Gespräche fast immer gleich: Irgendwann sprudelt es aus den Großeltern raus (und trifft uns Eltern immer mitten ins Mark):
„Das haben wir schon immer so gemacht. Und es hat euch mal nicht geschadet!“

Großeltern Typen

Was ich aus meinem Umfeld so wahrnehme gibt es zwei verschiedene Kern-Großelterntypen. Während die einen nicht früh genug Oma und Opa werden können und die Enkeln nach Strich und Faden verwöhnen wollen, sind andere reserviert und blühen nicht im Überfluss in der Großelternrolle auf.

Nach vielen Gesprächen mit anderen Familien zeigt sich häufig ein enttäuschter Blickwinkel auf beide Typen. (Achtung, ironische Übetreibung folgt:) Während die einen enttäuscht sind, dass ihre Kinder weniger Zeit mit ihren Großeltern verbringen, als gewünscht.
Sind auf der anderen Seite die Eltern, die sich fortlaufend über Großeltern ärgern, die sich nicht an die Regeln halten, Vereinbarungen missachten oder ständig disskutieren wollen und die Kompetenz der Eltern in Frage stellen.

Wahrscheinlich befinden sich auch die Großeltern deiner Kinder auf einem Spektrum zwischen diesen zwei Extremen. Der eine mehr, der andere weniger – tragen all unsere Eltern den Drang nach dem Verwöhnen, wie auch den Drang nach Freiraum in sich.

an euch Eltern

Ich möchte mit einem beginnen: Ich verstehe euch. Kinder groß ziehen ist hart! Und wisst ihr was? Eure Eltern haben es schon hinter sich! Das bedeutet:

sie brauchen ihren Freiraum

Ob euch das gefällt oder nicht – sie haben ein Recht darüber zu entscheiden, wie sie ihre Zeit verbringen. Wir sollten nicht außer Acht lassen, dass unsere Eltern (oftmals) selbst noch mitten im Berufsleben stecken. Demnach viele Stunden ihrer Energie unter der Woche auswärts aufwenden.
Gleichzeitig sollten wir ehrlich zu uns selbst sein: unsere Kinder sind anstrengend…oder nein: Kinder so groß zu ziehen, wie wir es wollen, ist anstregend. Es ist nur verständlich, dass auch unseren Eltern das irgendwann mal zu viel ist und sie nicht jedes Wochenende die Rasselbande bei sich zuhause aufnehmen können,

Ein wichtiger Gedanke, der mir hierbei in den Sinn kommt, ist folgender:
Du bist nicht verantwortlich, für die Beziehung deiner Verwandten zu deinem Kind!

Jeder Erwachsene in eurem Umfeld (ganz egal ob Oma, Opa, Tante, Onkel etc.) ist für die Beziehung zum Kind selbst verantwortlich. Und diese Verantwortung darfst du ruhig an die Person abgeben.
Sprich: Wer das Kind sehen will, meldet sich. Wer etwas mit dem Kind unternehmen will, plant was. Und wer das Kind bei sich haben will, lädt es ein.

Wo ist das Dorf?

„Es braucht ein ganzes Dorf um Kinder groß zu ziehen!“ ist wohl der meistwiederholte Satz unserer Eltern-Generation. In den meisten Fällen sagen wir es uns selbst, als kleine Erinnerung, dass wir nicht dafür gemacht sind alles alleine zu schaffen. Damit unser schlechtes Gewissen sich wieder verziehen kann, wenn die Küche ein Chaos ist, die Wäsche sich stapelt oder die Nerven bereits blank liegen.

Ab und zu erwische ich mich jedoch auch dabei, dass ich etwas verärgert bin. Na, wo bleibt denn nun mein Dorf, das mir hilft? Für einander kochen, gemeinsam das Haus bewirtschaften, mir mal die Kinder abnehmen…es könnte doch so viel leichter sein. Haben unsere Großeltern uns doch damals genauso mit groß gezogen?

Aber sind wir mal ehrlich – könntet ihr euch vorstellen mit euren Eltern dauerhaft in einem Haus zu leben? Das wäre nämlich das andere Extrem.

Natürlich, zwischen beiden Varianten gibt es feine Abstufungen, aber am Ende des Tages hohle auch ich mir immer wieder ins Gedächtnis, dass wir nicht mehr in dieser Zeit leben, wo die Familie das Dorf ist. Ich würde mir hier so sehr einen Gedanken-Wechsel wünschen, indem sich Mütter und Eltern zum Dorf zusammen tun und die Großeltern da raus gehalten werden. Unsere schnelle Welt verschiebt das Bild und wir sollten mit der Welle reiten, statt dagegen.

Das machen wir heute so nicht mehr

„Wenn du den Teller nicht leer ist, dann gibt es auch nichts Süßes!“
„Ach was, nichts passiert. Steh einfach wieder auf.“
oder „Schläft er noch bei euch im Bett. Na den werdet ihr so schnell nicht mehr da raus kriegen!“

Hach ja, diese lieb gemeinten Ratschläge, die keiner hören will. Und sowieso, die sind doch nicht mehr zeitgemäß und völlig überholt. Wir geben den selben Dingen andere Namen (Trotzphase sagt man doch heute nicht mehr oder?) und machen sowieso alles anders, als unsere Eltern. Und dann müssen wir unsere Entscheidungen auch noch andauernd ausdiskutieren.

An dieser Stelle kann ich dir und euch nur den Rat geben (sofern sich oben erwähntes im gesunden Rahmen hält), 5 gerade sein zu lassen. Ja, wir versuchen für unsere Kinder alles perfekt und immer richtig zu machen. Schaffen wir das? Nein, natürlich nicht. Wir sind ja nur Menschen. Und das sind die Großeltern auch! Sie machen die Dinge nunmal so, wie sie sie schon immer gemacht haben.

Ein wichtiger Gedanke an dieser Stelle für mich ist da immer: Ich bin die Mama. Das was ich mache und sage, so wie ich reagiere – das wird es sein, was meine Kinder am meisten prägt. Ich darf den Großeltern Raum dafür geben Dinge anders zu handhaben, als ich es tun würde.

Gleichzeitig ist das eine tolle Übung für meine Kinder. Menschen sind unterschiedlich und sie reagieren auch unterschiedlich. Mitunter müssen wir uns auch behaupten können. Ob es weh getan hat, kann der Opa ja nicht wissen. Das kann nur das Kind wissen. Und ich wünsche meinen Kindern das Selbstvertrauen, in dem Moment sich dann sagen zu trauen, dass es eben doch weh getan hat.

Anstatt also die Großeltern ändern zu wollen, sollten wir versuchen wieder die Kinder in den Fokus zu richten und sie zu begleiten!


an die Großeltern

Liebe Großeltern, nehmt.es.nicht.persönlich!

Die heutige Zeit ist anders (ich weiß, dass sagen die Eltern doch schon seit Generationen) – aber es stimmt nun mal. Wir leben in einer schnelllebigen, globalen Welt. Unser Wissensschatz erweitert und verändert sich beinahe minütlich. Und…noch nie hatten wir so viel Wissen über die Psychologie des Menschen. Ein großer Teil davon ist die Psyche von Kindern.

Die Frage ist also nicht – wieso machen wir es anders als ihr? Die Frage ist, würdet ihr es genauso machen, wenn ihr das selbe Wissen hättet?

Ich habe immer die Stimme meines Vaters im Kopf, der mir sagt, dass wir als Kinder auch früh Zucker und Fernsehen bekommen haben. Oft witzelt er dann darüber, dass er ja ein ziemlich schlimmer Vater gewesen sein muss, wenn wir das alles schon als Kleinkinder durften. Und ich weiß, dass hinter diesem Witzeln auch etwas Schmerz steckt.

Durch die Art wie wir es handhaben stellen wir vieles in Frage, was zu unserer Kindheit keine Diskussion wert war. Wichtig ist jedoch, dass ihr Großeltern versteht, dass wir euch nicht kritisieren! Ihr habt uns für die Zeit und das Wissen, dass ihr hattet, wunderbar groß gezogen. Doch genau das Selbe, müssen wir auch unseren Kindern bieten – entsprechend unserer Zeit und unseres Wissen. Und auch wenn wir in diesem Sinne es vielleicht etwas zu gut mit unseren Kindern meinen, ist es doch besser ihr steht hinter uns.

Ihr seid jetzt Oma und Opa

Vor gar nicht all zu langer Zeit wart ihr noch in unserer Rolle. Die Eltern, die versuchen das Kind zu schaukeln. Und nun musstet ihr diesem Platz weichen – eure Kinder sind erwachsen und müssen nun selber Entscheidungen treffen. Diese müssen euch aber auch nicht immer gefallen!

Dafür seid ihr heute Oma und Opa und dürft für das Vergnügen der Kinder verantwortlich sein. Und es ist wichtig, dass ihr (von uns Eltern) den Raum bekommt, eure Enkel zu verwöhnen. Genauso wichtig ist es jedoch, dass ihr diesen Raum nicht verlasst.

Irgendwann werden aus den Babys Kleinkinder und aus den Kleinkindern große Kinder. Habt also Geduld – eure Zeit wird kommen, da kriegt ihr viel Raum aus dem elterlichen Nein, ein großelterliches Ja zu machen.

zum Abschluss

Ich hoffe, dass längst klar ist, wie überspitzt ich viele Thematiken dieses Artikels gewählt habe. Ja, oftmals entstehen (mehr oder weniger große) Gespräche über die genannten Themen. Aber allzu dramatisch sollte es dann zuhause auch nicht sein. Am Ende des Tages sind diese Themen nichts weiter als Generations-Verschiedenheiten. Und im Zentrum stehen unsere Kinder, die einfach nur von vielen Seiten ihrer Familie Liebe erfahren dürfen – weil jeder nur das Beste für sie will!

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